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Dr. Tina Lang und Dr. Birgit I. Schnabel Reiseberichte

4. TIERÄRZTETAGUNG von STARROMANIA IN GHEORGHENI / HARGHITA

  • Bericht Workshop Rumänien von Dr. Tina Lang

  • Nach zwei Workshops in Tansania war der Kastrationsworkshop in Rumänien eine neue Herausforderung. Nicht Afrika sondern Osteuropa, ein Land von dem ich so gar nichts wusste, außer dass Gheoreni laut Reiseführer der kälteste Ort Rumäniens sein soll. Aber ich freute mich darauf, einen Workshop mal mit 2 Kolleginnen zu machen und dieses Mal mit Tierärzten und nicht Agrartechnikern zur arbeiten.

  • Auf dem Flug von München nach Cluj konnte ich gleich meine Kollegin Birgit kennenlernen und auf der Fahrt nach Gheorgheni Josef von Starromania als auch Laszlo einen unserer Helfer vor Ort.

  • Der erste Tag des Workshops war ganz der Theorie als Basis für die nächsten zwei Tage gewidmet. Im Seminarhaus war in den Pausen auch hervorragend für das leibliche Wohl gesorgt: reichlich und lecker!!! Nach anfänglichem Sprachenchaos mit der Dolmetscherin (Rumänisch- Ungarisch-Deutsch-Englisch) hatten wir bald den ortsansässigen Tierarzt zur fachkompetenten Übersetzung verpflichtet. Nach der anfänglichen Zurückhaltung tauten unsere Kursteilnehmer auch schon als bald auf und wir merkten, dass doch einiges an Grundwissen trotz europäischen Abschluss nötig war. Die Gruppe hatte eine sehr schöne Zusammensetzung: 36 Teilnehmer aus zumeist Gemischpraxis- Anfänger und alte Hasen- aber auch Studenten im letzten Jahr. Die Kursteilnehmer hatten auch die Möglichkeit im Seminarhaus zu übernachten, was Ihnen die Möglichkeit gab sich gegenseitig kennenzulernen, da sie aus 3 verschiedenen Regionen kamen und eben auch aus ganz verschiedenen Bereichen.

  • Am Nachmittag drehten Birgit und ich noch eine kleine Runde durch die Innenstadt, um die „Sehenswürdigkeiten“ er Stadt zu sehen, die ein paar alte Häuschen und v.a. die zig Kirchen sind. Auch in der Stadt ist die Stimmung irgendwie grau und pessimistisch, was wohl auch an den nicht

  • wirklich lebhaften Geschäften liegt. Strassenhunde sind auch im Stadtzentrum immer wieder anzutreffen. Beim gemeinsamen Abendessen mit Lazlo und Josef wurden wir gründlichst über die politische und tierschützerische Situation in Rumänien aufgeklärt und uns wurde schnell klar, dass Korruption eine vorherrschende Rolle spielt, viele sich an öffentlichen und Spendengeldern bereichern und das Geld oft gar nicht dort ankommt, wo es am dringendsten gebraucht wird!

  • Mit der Theorie im Kopf ging es am nächsten Tag zum städtischen Tierheim, dass von Starromania gesponsert wird. Und das war wirklich eine positive Überraschung: ein komplett eingerichtete kleine Klinik mit Station, Op und Steri: Luxus im Gegensatz zur Arbeit unter freiem Himmel in Tansania, mit einem ganzen Dorf was zuschaut. Der erste Tag stand im Namen der Kater- und Katzenkastration und die Teilnehmer zeigten von Anfang an große Motivation zum Selbstischen. Wir konnten nochmals die Klinische Untersuchung am wachen Tier vor Narkose üben, da alle Katzen durchweg zahm waren. Auch an den 2 praktischen Tagen konnten wir die gute Küche des Seminarhauses genießen. Die Stimmung war durchaus gut und der rumänische Humor schien der gleiche zu sein wie unserer. An Material fehlte es an gar nicht, sowohl Op- Besteck, Nahmaterial als auch Medikamente. Vor Ort standen uns die Tierheimtierärzte Tibor und Bea immer freundlich zur Verfügung und unterstützten uns tatkräftig, denn auch für mich war das operieren unter „Nicht-Heimbedingungen“ manchmal ganz schön schwer! Im Anschluss an das Kastrieren bekamen wir auch endlich die Einrichtung von Starromania zu sehen. Kleine Hunde gibt es sehr wenige, aber große schwerer zu vermittelnde Hund mehr als genug. Ein neu eingerichtetes Katzenhaus wartet auf den Einzug von 20 Katzen und sollen auch gleich mit der Gruppe kleiner Hunde vergesellschaftet werden. Aber auch die großen Hunde befanden sich alle in einem guten Ernährung- und Pflegezustand. Die Zwinger immer für 2 Hunde oder kleine Rudel, also ganz dem  Hundebedürfnis entsprechend, sauber und mit je einer Hütte für jeden Hund ausgestattet, so dass jeder einen Rückzugsort hat. Die Hunde waren  keineswegs verstört und bis auf ein paar schüchterne Exemplare sehr freundlich und offen unserem Besuch gegenüber. Das ist sicher auch dem freundlichen Umgang des Tierpflegers mit den Hunden zu verdanken.

  • Der dritte Tag war der Hundekastration gewidmet. Heute war auch die lokale Presse mit Fotograf und Kamera vor Ort. Auch hier lief alles mit guter Stimmung super. Die Gruppe wurde an diesem Tag geteilt, da die Räumlichkeiten am erste praktischen Tag doch ein bisschen zu klein wurden für alle 36 Teilnehmer. Ich startete mit den Rüden und während Birgit mit den Hündinnen beschäftigt war, konnte ich mit den freien Teilnehmern Nähen und Katheter-schieben üben. Auch dieses Angebot wurde interessanterweise von den eher erfahreneren Tierärzten angenommen und es kam zum regen Austausch von Nähtechniken. Das Highlight des Tages war die Kastration von Tibor, der so eine schnelle aber trotzdem elegante Art hat, dass wir alle sehr beeindruckt waren. Aber mit seiner Anzahl an kastrierten Hündinnen kann keiner von uns mithalten! Wie am Ende jedes WTG-Workshops durfte auch hier das Quiz und die Verleihung der Urkunden

  • fehlen. Und wir freuten uns über das durchaus positive Feedback der Evaluation. Zum Abschluss-Abendessen mit unseren tollen Helfern Tibor und Laszlo kam auch der Bürgermeister, der die Arbeit des Tierheimes und von Starromania immer unterstützt. Den vierten Tag hatten wir dann die Gelegenheit, den Arbeitsort von Laszlo zu besuchen, einen Lehrbauernhof mit Schaukäsererei und eigenem Verkauf. Er zeigte uns die gesamte Einrichtung und verköstigte uns schon am frühen Morgen mit Käse, Joghurt und natürlich Schnaps. Dann hieß es Abschied nehmen von Gheorgeni um die letzte Nacht in Cluj zu verbringen. Dieses Mal konnten wir bei Tageslicht auch die Landschaft endlich sehen auf der 3-stündigen Autofahrt. Die Fahrt durch Siebenbürgen führte uns entlang eines Flusslaufs, mit zerfallenen Fabrikgebäuden dann durch sehr rurale Gegenden mit kleinen ärmlichen Bauernhöfen, jeder mit einem kleinen Stall, ein paar Schafen, einem Rind, einem Schwein, kleine Selbstversorgerbetriebe. Richtung Cluj wurde die Landschaft sehr karg und die kahlen Hügel ließen vermuten, dass hier mal große Wälder standen. Diese Fahrt durch das rurale Rumänien ließ darauf schließen wie wenig Perspektive die Menschen hier haben und warum es sie in andere Länder zum Arbeiten treibt. Am Nachmittag in Cluj angekommen, begleiteten wir Josef und Laszlo zur Radu Termure, der von Starromania finanziell unterstützt wird. Ein Mann alleine 850 Hunden. Das war völlig fern meiner Vorstellungskraft. In einer alten Kolchose erwarteten uns schon die freilaufenden Hunde, die bis auf einen armen gehbehinderten Hund ganz zufrieden aussahen. Allerdings ist der Großteil unter hunde-unwürdigen Bedingungen in alten Rinderställen teils isoliert eingesperrt. Nicht zu vergessen der Gestank nach Kot und Urin. Es trieb mir die Tränen in die Augen, diese armen Geschöpfe in ihrem Kot auf engstem Raum im Halbdunkel zu sehen. Und wo an hinsah um Liebe bettelnde Augen. Dies stand in krassem Gegensatz zum Starromania-Tierheim und brachte mich zum Bewusstsein, dass sicher die meisten Hunde in Rumänien in solchen Tierheimkonditionen leben. Dieser Besuch hing uns allen wie ein Schatten an diesem Abend nach, eine Mischung aus Traurigkeit, Wut und Hilflosigkeit.

  • Rumänien hat bei mir viele Eindrücke hinterlassen: zum einen sehr positive hinsichtlich der großen Motivation der Kursteilnehmer und Zufriedenheit auf einem höheren Niveau als in Tansania zu arbeiten. Hoffnung, dass sich der eine oder andere Kursteilnehmer im lokalen Tierschutz engagieren wird. Die Stimmung unter den Leuten war durchaus positiv. Zum anderen habe ich ein Land kennengelernt, das nicht so weit weg von zuhause ist aber in dem es noch so viele Missstände gibt. Allen voran die Korruption. Es gibt noch viel zu tun in Rumänien, um nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren eine ordentliche Perspektive zu geben.   

  • Tina Lang

  • Reisebericht „Tierärzte Weltweit“ vom 24.10 – 27.10.2017 Gheorgheni, von Dr. Birgit Schnabel

    Rumänien

    Leitung: Wendy Phillips

    Ehrenamtliche Tierärzte: Tina Lang, Birgit Schnabel

    Der Workshop bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.

    Thema: Kastration von Hund und Katze (m/w)

    Tag 1: Vorlesungen zu den Themen: klinische Untersuchung, Anästhesie und Kastration

    Tag 2 und 3: Praktische Übungen / Demonstrationen

    Tag 4: Abreise und Besuch des Tierheims in Cluj

    Teilnehmer: 34 Tierärzte und 4 Studentinnen aus Rumänien

    Der Workshop wurde von der Organisation „Starromania“ , Dr. Josef Zihlmann, unterstützt und begleitet. Organisatoren vor Ort waren Tibor Nagy, Beata Kahucs und Laszlo Kastal.

    Tibor Nagy und Beata Kahucs sind als Tierärzte für das Tierheim von Gheorgheni tätig, Laszlo Kastal war Organisator für Unterkunft und Verpflegung.

    Persönliche Eindrücke:

    Wir waren, wie immer bei meinen Einsätzen hervorragend untergebracht und freundlicher kann man nicht empfangen werden!

    Die 34 Tierärzte kamen teilweise aus weiter entfernten Gebieten (Umkreis 150 Km) und hatten unterschiedliche Vorkenntnisse. Die meisten arbeiten im Großtierbereich / Landwirtschaft.

    Sie zeigten sich sehr interessiert und konnten theoretisches und demonstriertes Wissen schnell selbstständig umsetzen. Es hat großen Spaß gemacht, die Motivation und den Ehrgeiz zu spüren!

    Es war mein 3. Einsatz für „Tierärzte Weltweit“. Noch nie bin ich mit so gemischten Gefühlen nach Hause gekommen. Der Workshop mit den Tierärzten hat mir große Freude bereitet. Niemals zuvor hatte ich das Gefühl, so nachhaltig zu arbeiten und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Ich bin davon überzeugt, dass wir Anleiten konnten und unsere Arbeit die Grundlage geschaffen hat, Tierärzte in Rumänien für den Tierschutz zu gewinnen. Sie werden Hunde und Katzen kastrieren, da bin ich mir sicher. Und das ist meiner Meinung nach auch der einzige Weg, die  Streunerhundproblematik in Rumänien zu verbessern.

    Das Tierheim von Radu Termure in Cluj war das schlimmste Tierleid, das ich je mit eigenen Augen gesehen habe. 850 Hunde, die unter verheerenden Bedingungen, eingepfercht dahin vegetierten. Ich würde mir nichts mehr wünschen, als dass das ein baldiges Ende haben wird. Und, es hat mich so betroffen gemacht, dass ich die Entwicklung beobachten werde. Ich werde sie nicht vergessen. Josef Zihlmann, von Starromania, bemüht sich um eine politische Lösung.

    In einem Land, in dem Menschen für mehr Rechtsstaatlichkeit auf die Straße gehen und das von Korruption und straffälligen Politikern durchzogen ist, wohl ein sehr schweres Unterfangen. Ich wünsche ihm alles erdenkliche Gute!

    Der Einsatz mit meiner Kollegin Tina Lang war mein schönster. Wir haben uns perfekt ergänzt und uns auch menschlich sehr gut verstanden. Ich würde mich über einen weiteren Einsatz mit ihr sehr freuen.

    Birgit Schnabel

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